Grabungsbericht 2025
Christoph Gutjahr, Maria Mandl
Bezirk: Leibnitz; Gemeinde: Wildon (ehem. Gemeinde Weitendorf); KG: Kainach; Grst. Nr. 368; Flur: Lebersiedlung
Maßnahmennummer: 66413.25.01; Durchführungszeitraum: 07.04.2025–09.05.2025
siehe auch unter:
- Fundorte
- Gräberfeld Kainach Ost und West, Brandflachgräbergruppe Lechner
https://hengist-archaeologie.at/archaeologie/ausgrabungen/497-wildon-lebersiedlung#sigProId256bcce0c5
Zusammenfassung
Im Zuge der archäologischen Untersuchungen auf der Parzelle 368 in der KG Kainach (MG Wildon) wurden 14 älterhallstattzeitliche Brandbestattungen (Grab 275 bis Grab 288) sowie die südwestliche Grenze der Kainacher Nekropole dokumentiert. Zwei südlich bzw. südwestlich der Gräber gelegene Gruben (Obj. 536 und 539) sind eventuell als in Zusammenhang mit Begräbniszeremonien stehende Feuerstellen zu interpretieren.
Bericht
Im Frühjahr 2025 wurde der Kulturpark Hengist von der Firma Kohlbacher GmbH mit der Durchführung eines Oberbodenabtrages auf der Parzelle 368 in der KG Kainach (MG Wildon) beauftragt. Das Grundstück liegt südlich der Kainachtalstraße, die das im Jahr 2004 entdeckte und seither in mehreren Grabungskampagnen archäologisch untersuchte spätmittelbronze- bis älterhallstattzeitliche Kainacher Bestattungsareal (Gutjahr 2011a, 141–206; Gutjahr 2011b, 207-218; Gutjahr 2015, 173–193; Gutjahr und Windholz 2017, D56–D62; Gutjahr und Windholz 2020, 241–268; Gutjahr und Trausner 2019, D5722–5726; Gutjahr und Mandl 2023, 12-13; Gutjahr und Windholz-Konrad 2024, 629–678) von West nach Ost durchschneidet. Nachdem gleich zu Beginn der Maßnahme mehrere Grabgruben freigelegt worden waren, ging der Oberbodenabtrag in eine archäologische Grabung über. Insgesamt konnten 14 älterhallstattzeitliche Brandbestattungen (Grab 275 bis Grab 288) sowie die südwestliche Grenze der Kainacher Nekropole dokumentiert werden.
Bei den meisten Bestattungen war keine Grabgrube erkennbar, die Ausmaße konnten daher nur anhand der Gefäßpositionen definiert werden. Die Schicht aus sandigem Schluff (SE 1330) im Bereich zwischen den Gräbern enthielt eine beträchtliche Menge an Keramikfragmenten, bei denen es sich vermutlich um aus Gräbern verlagertes Fundmaterial handelte (es könnte allenfalls auch ein Zusammenhang mit Toten- und Gedächtnisritualen im Umfeld der Gräber bestehen). Viele Gefäße wiesen vor allem im oberen Bereich Beschädigungen auf, die auf die landwirtschaftliche Nutzung des Grundstückes zurückzuführen sind, möglicherweise auch auf die Einplanierung der für die meisten hallstattzeitlichen Gräber anzunehmenden Hügelaufschüttungen. Bei sechs Gräbern (283, 284, 286, 288, 277 und 279) konnten am südlichen oder nördlichen Grubenrand Keramikkonzentrationen beobachtet werden. Wie sich insbesondere am Beispiel von Grab 283 ablesen lässt, wurde nach der Deponierung der Beigaben entweder ein bereits zerstörtes Gefäß zusammen mit der Verfüllung eingebracht oder das Gefäß absichtlich im Zuge des Bestattungsritus am Grab zerstört.
Die Gräber bilden den südwestlichen Abschluss des ausgedehnten Kainacher Bestattungsareals (Gutjahr 2011b, 209, Abb. 4). Im heutigen Geländerelief nicht mehr erkennbar, lag der Bestattungsplatz in geschützter erhöhter Position inmitten der einstigen Aulandschaft. Zwei südlich bzw. südwestlich der Gräber gelegene Gruben (Obj. 536 und 539), die mit Flussgeschieben und Holzkohle verfüllt waren, sind eventuell als in Zusammenhang mit Begräbniszeremonien stehende Feuerstellen zu interpretieren. Aus einem im Süden der Untersuchungsfläche dokumentierten versandeten Altarm der Kainach (SE 1357) stammen wenige bronzezeitliche Keramikfragmente und ein Steinartefakt, die auf eine gleichzeitige Nutzung der näheren Umgebung schließen lassen.
Literatur
GUTJAHR 2011a: CHRISTOPH GUTJAHR, Mittel- bis frühspätbronzezeitliche Gruben aus dem Bereich des Gräberfeldes Kainach bei Wildon, Gem. Weitendorf, Stmk.) In: Christoph Gutjahr – Georg Tiefengraber (Hgg.), Beiträge zur Mittel- und Spätbronzezeit sowie zur Urnenfelderzeit am Rande der Südostalpen, Akten des 1. Wildoner Fachgespräches vom 25. Bis 26. Juni 2009 in Wildon/Steiermark (Österreich). Internationale Archäologie – Arbeitsgemeinschaft, Symposium, Tagung, Kongress 15 (= Hengist Studien 2), Rahden/Westf. 2011, 141–206.
GUTJAHR 2011b: CHRISTOPH GUTJAHR, Ein frühurnenzeitliches Brandgrab aus dem Gräberfeld Kainach bei Wildon, Gem. Weitendorf, Stmk.) In: Christoph Gutjahr – Georg Tiefengraber (Hgg.), Beiträge zur Mittelund Spätbronzezeit sowie zur Urnenfelderzeit am Rande der Südostalpen, Akten des 1. Wildoner Fachgespräches vom 25. Bis 26. Juni 2009 in Wildon/Steiermark (Österreich). Internationale Archäologie –Arbeitsgemeinschaft, Symposium, Tagung, Kongress 15 (= Hengist Studien 2), Rahden/Westf. 2011, 207–218.
GUTJAHR 2015: CHRISTOPH GUTJAHR, Das Grab 3 aus dem spätbronze- und frühhallstattzeitlichen Gräberfeld von Kainach bei Wildon, Gem. Weitendorf, Steiermark. In: Christoph Gutjahr – Georg Tiefengraber (Hgg.), Beiträge zur Hallstattzeit am Rande der Südostalpen, Akten des 2. Internationalen Symposiums am 10. und 11. Juni 2010 in Wildon (Steiermark/Österreich). Internationale Archäologie – Arbeitsgemeinschaft, Symposium, Tagung, Kongress 19 (= Hengist Studien 3), Rahden/Westf. 2015, 173–194.
GUTJAHR und MANDL 2023: CHRISTOPH GUTJAHR und MARIA MANDL, Archäologie im Kulturpark Hengist, Hengist-Magazin. Zeitschrift für Archäologie, Geschichte und Kultur der Mittelsteiermark, 2/2023, 12–17.
GUTJAHR und WINDHOLZ-KONRAD 2017: CHRISTOPH GUTJAHR und MARIA WINDHOLZKONRAD, Das spätbronze- und frühhallstattzeitliche Brandgräberfeld in der KG Kainach, MG Wildon. Pilotprojekt „Computertomographie und Archäologie – innovative Einsatzmöglichkeiten für Restaurierung und Forschung“: erste archäologische Ergebnisse. Fachgespräch „Computertomografie und Archäologie“, 7. April 2016, Graz (Steiermark). In: Fundberichte aus Österreich 54, 2015 (2017), D56–D62.
GUTJAHR und WINDHOLZ-KONRAD 2020: CHRISTOPH GUTJAHR und MARIA WINDHOLZKONRAD, Horte und Nekropolen. Ein kurzer Streifzug durch die Spätbronze- und ältere Eisenzeit im Raum Wildon (Steiermark, Österreich). In: Das Altertum 65, 2020, 241–268.
GUTJAHR und WINDHOLZ-KONRAD 2024: CHRISTOPH GUTJAHR und MARIA WINDHOLZKONRAD, Aktuelle Einblicke in die spätmittelbronze- bzw. frühurnenfelder- bis älterhallstattzeitliche Nekropole Kainach bei Wildon, Steiermark, Arheološki vestnik 75, 2024, 629–678.
GUTJAHR und TRAUSNER 2019: CHRISTOPH GUTJAHR und MARTINA TRAUSNER, Archäologische Ausgrabung, Hallstattzeitliches Hügelgräberfeld Kainach bei Wildon 2017. In: Fundberichte aus Österreich 56, 2017 (2019), D5722–5726.
Seite geändet am 27.08.2025