Grabungsberichte 2018, 2020 und 2022

Christoph Gutjahr, Maria Mandl
ID: LBWD-66413-01; Bezirk: Leibnitz; Gemeinde: Wildon; KG: Kainach; Flur: Herrschaftsäcker
siehe auch unter:

 

 Leader EU 2020x

 

Untersuchungen 2022
Maßnahmennummer: 66413.22.01 und 66413.22.02; Grst. Nr.: 363/1; Durchführungszeitraum: 24.10.2022–17.11.2022

Im Auftrag der TP Immobilien Investment & Beteiligung GmbH führte der Kulturpark Hengist (GL: Mag. Dr. Christoph Gutjahr) auf der Parzelle 363/1 (KG Kainach) in Wildon in der Zeit von 24. Oktober bis 17. November 2022 einen Oberbodenabtrag mit anschließender Rettungsgrabung durch. Der vom Bauvorhaben betroffene Bereich der denkmalgeschützten Parzelle wurde auf ca. 5000 m² maschinell sondiert. Der großflächige Bodeneingriff erfolgte wegen der Annahme, dass sich in diesem Bereich die 2004 entdeckte spätbronze- bis früheisenzeitliche Begräbnisstätte in Kainach bei Wildon weiter erstreckt. Archäologische Ausgrabungen des Kulturparks Hengist auf den westlich und südlich benachbarten Parz. 100, 354/2, 358/2, 365/4 und 550 in den Jahren 2004–2007 sowie 2012 förderten ca. 230 Brandgräber zutage (Bz C2/D bis Ha C2) [Gutjahr 2015, 174. Gutjahr und Windholz-Konrad 2017, D56-D57; Gutjahr und Windholz-Konrad 2020, 248]. Ferner führte die ZAMG in den Jahren 2016 und 2017 archäologisch-geophysikalische Untersuchungen südlich des bekannten hallstattzeitlichen Großgrabhügels „Galgenkogel“ durch, bei denen die Überreste von zwölf weiteren potenziellen Hügelgräbern entdeckt wurden [Gutjahr und Trausner 2019, D5722-5726]. Eine dieser Strukturen (Hügel 12) wurde 2022 im Norden des zu untersuchenden Areals verortet. Die Kainacher Begräbnisstätte liegt in einem von zusedimentierten bzw. zugeschütteten Altarmen der Kainach durchzogenen Areal, das seit langem intensiv landwirtschaftlich genutzt wird [Zur Geologie des Gräberfeldes siehe: Hiden 2011, 207 208]. Dementsprechend war ein beträchtlicher Teil der bei den vergangenen Kampagnen aufgedeckten Gräber durch den Pflug stark in Mitleidenschaft gezogen. Ähnliche Zerstörungen wurden auch bei den diesjährigen archäologischen Untersuchungen auf der Parz. 363/1 festgestellt; oftmals waren die Gräber respektive die Keramikbeigaben im Ausmaß von bis zu zwei Dritteln gekappt. Die geophysikalischen Daten ließen auch für den postulierten Hügel 12 einen sehr schlechten Erhaltungszustand erwarten. Bei den archäologischen Untersuchungen konnte schließlich kein Nachweis für die Existenz eines Hügelgrabes an dieser Stelle erbracht werden.

Objekt 463
Im Norden der Grabungsfläche wurde eine grabenartige Struktur (Obj. 463) entdeckt, die neben einigen Bruchsteinen und Holzkohlebrocken auch Keramikfragmente enthielt. Die Keramik entspricht nach einer ersten oberflächlichen Begutachtung jener aus spätbronze- bis früheisenzeitlichen Brandgräbern.

Keramikkonzentrationen (Objekte 454, 461–462, 464)
Sowohl die vier Keramikkonzentrationen als auch die nachfolgend angeführten fünf Brandgräber traten ausschließlich im südlichen Bereich der Untersuchungsfläche auf und kamen zwischen 0,30 und 0,40 m unter der Ackeroberkante zum Vorschein. Wie bereits erwähnt, wiesen sie mehrheitlich durch den Pflug verursachte, teils gröbere Störungen auf. Im Zuge der Ausgrabung wurden nur jene Objekte als Gräber benannt, die durch das Vorhandensein von kalzinierten Knochenfragmenten (Leichenbrand) eindeutig zu identifizieren waren. Bei den als Keramikkonzentrationen bezeichneten Objekten konnte kein Leichenbrand nachgewiesen werden. Dennoch handelt es sich in den meisten Fällen wohl um die Reste zerstörter Gräber.

Brandgräber (Objekte 455–459, 465 = Gräber 233–237)
Bei den Gräbern 233235 handelt es sich um einfache in den anstehenden Schotter oder Sand eingetiefte Gruben. Lediglich bei Grab 233 war eine Grabgrube eindeutig erkennbar. Aufgrund der massiven Zerstörung ist bei diesem Grab eine genauere Ansprache der Gefäße vor erfolgter Restaurierung nicht möglich. Grab 234 enthielt ein Kegelhalsgefäß, das am Schulterumbruch sowie am Bauch einen Dekor aus waagrechten und senkrechten Rillen aufweist. Weitere Grabbeigaben konnten nicht dokumentiert werden. Im Grab 235 lag eine Tasse auf einem vollständig zerscherbten, größeren Gefäß (vermutlich ein Kegelhalsgefäß). Die Tasse befand sich ursprünglich im Inneren des Gefäßes, das denselben Dekor wie das Kegelhalsgefäß aus Grab 234 besitzt. Knapp östlich davon war eine Schale beigestellt.

Das Grab 236 (Obj.459) unterscheidet sich von den anderen einerseits durch die im Vergleich tiefer liegende Grubensohle und andererseits durch die Auskleidung mit Steinplatten aus ortsfremdem Limonit. Die bei diesem Grabtyp anzunehmende steinerne Abdeckung wurde vermutlich durch den Pflug verschleppt. Ein im Nordosten der Grube platziertes Kegelhalsgefäß diente als Urne. Westlich und südwestlich davon befanden sich zwei Turbanrandschalen mit jeweils einer Knubbe an der Wandung. Die südwestliche Schale war leicht nach Süden gekippt und wie die nur fragmentiert erhaltene Tasse im Nordosten auf einem etwas höheren Niveau niedergelegt worden. Die Deponierung der Gefäße auf unterschiedlichen Niveaus ist wohl auf einen mehrstufigen Bestattungsvorgang zurückzuführen, bei dem man nach der Platzierung des Kegelhalsgefäßes und der einen Schale die Grabgrube mit Erdmaterial bis auf ein bestimmtes Niveau verfüllte und erst dann die beiden anderen Gefäße einbrachte [Gutjahr 2015, 175].

Das Grab 237 (Obj. 465) kam zirka 6 m südlich von Grab 236 zum Vorschein. Die Grabgrube war ursprünglich mit einer Limonitplatte abgedeckt, Reste davon fanden sich in der Grabverfüllung. Der großen Menge an Holzkohle und kalzinierten Knochenfragmenten in der Verfüllung zufolge handelt es sich um ein Brandschüttungsgrab. Am nördlichen Grubenrand waren entlang einer Ost-West-Achse eine Omphalosschale, eine Tasse und ein Kegelhalsgefäß deponiert. Die Schale trägt als Besonderheit einen an der Außenseite kreuzförmig angebrachten Stempeldekor.

Bezüglich einer genaueren Datierung aller Gräber bleibt die Restaurierung der Gefäße abzuwarten, doch erweist sich für die Gräber 236 und 237 das frühhallstattzeitliche Grab 3 (Obj. 49, um 800 v. Chr.) in Hinsicht auf Ausstattung und Gefäßdeponierung als ausgezeichnete Referenz [Gutjahr 2015, 173-194]. Zumindest für diese beiden Gräber sind heute nicht mehr erhaltene Hügelaufschüttungen im Sinne von Tumuli anzunehmen.

Der Graben Obj. 100
Im südlichen Bereich des Untersuchungsgebietes konnte ein nordost-südwestlich verlaufender Graben (Obj. 100) freigelegt werden, der einerseits durch die geophysikalischen Untersuchungen und andererseits bereits durch die archäologischen Ausgrabungen (2004–2006) auf den westlichen Nachbarbarzellen auf einer Länge von über 300 m dokumentiert worden war. Der Graben war durchschnittlich 3,5 m breit und gut 1 m tief, die Sohle zumeist konkav und die Wandungen verliefen steil schräg. Da das Objekt kein datierendes Fundmaterial enthielt und auch kein Bezug zu den umliegenden Gräbern hergestellt werden konnte, war eine zeitliche Einordnung nicht möglich. Funktion und Nutzen des streng linear verlaufenden Grabens bleiben im Unklaren.

Zusammenfassung
Im Zuge der archäologischen Ausgrabung auf der Parzelle 363/1 konnten weitere Brandgräber des mit der zeitgleichen Siedlung am Wildoner Schlossberg in Verbindung stehenden Kainacher Bestattungsplatzes dokumentiert werden. Mit großer Wahrscheinlichkeit wurde die östliche Grenze des Bestattungsplatzes erreicht. Trotzdem ist die Existenz des einen oder anderen noch weiter östlich liegenden Grabes nicht ausgeschlossen. Der anhand der geophysikalischen Untersuchung angenommene Hügel 12 konnte nicht verifiziert werden.

Literatur
Gutjahr und Windholz 2017
: Christoph Gutjahr und Maria Windholz-Konrad 2017, Das spätbronze- und frühhallstattzeitliche Brandgräberfeld in der KG Kainach, MG Wildon. Pilotprojekt „Computertomographie und Archäologie – innovative Einsatzmöglichkeiten für Restaurierung und Forschung“: erste archäologische Ergebnisse. Fachgespräch „Computertomografie und Archäologie“, 7. April 2016, Graz (Steiermark). In: Fundberichte aus Österreich 54, 2015 (2017), D56–D62.
Gutjahr und Windholz 2020: Christoph Gutjahr und Maria Windholz-Konrad 2020, Horte und Nekropolen. Ein kurzer Streifzug durch die Spätbronze- und ältere Eisenzeit im Raum Wildon (Steiermark, Österreich). In: Das Altertum 65, 2020, 241–268.
Gutjahr 2015: Christoph Gutjahr, Das Grab 3 aus dem spätbronze- und frühhallstattzeitlichen Gräberfeld von Kainach bei Wildon, Gem. Weitendorf, Steiermark. In: Christoph Gutjahr – Georg Tiefengraber (Hgg.), Beiträge zur Hallstattzeit am Rande der Südostalpen, Akten des 2. Internationalen Symposiums am 10. und 11. Juni 2010 in Wildon (Steiermark/Österreich). Internationale Archäologie – Arbeitsgemeinschaft, Symposium, Tagung, Kongress 19 (= Hengist Studien 3), Rahden/Westf. 2015, 173-194.
Gutjahr und Trausner 2019: Christoph Gutjahr und Martina Trausner, Archäologische Ausgrabung, Hallstattzeitliches Hügelgräberfeld Kainach bei Wildon 2017. ). In: Fundberichte aus Österreich 56, 2017 (2019), D5722-5726.
Hiden 2011: Hartmut Hiden, Geologie (Beitrag in: Christoph Gutjahr, Ein frühurnenzeitliches Brandgrab aus dem Gräberfeld Kainach bei Wildon, Gem. Weitendorf, Stmk.) In: Christoph Gutjahr – Georg Tiefengraber (Hgg.), Beiträge zur Mittel- und Spätbronzezeit sowie zur Urnenfelderzeit am Rande der Südostalpen, Akten des 1. Wildoner Fachgespräches vom 25. Bis 26. Juni 2009 in Wildon/Steiermark (Österreich). Internationale Archäologie – Arbeitsgemeinschaft, Symposium, Tagung, Kongress 15 (= Hengist Studien 2), Rahden/Westf. 2011, 207-218.

 

 

Untersuchungen 2020
Maßnahmennummer: 66413.20.01; Grst. Nr.: 304/1, 305/1, 362; Durchführungszeitraum: 25.05.2020–20.07.2020

Südlich des bekannten Großgrabhügels „Galgenkogel“ in Kainach bei Wildon führte die ZAMG 2016 und 2017 eine archäologisch-geophysikalische Prospektion durch bei der die Überreste von 12 weiteren potentiellen Grabhügeln entdeckt wurden. Aufgrund ihrer Lage in einem seit langem intensiv landwirtschaftlich genutztem Gebiet sind diese stark in Mitleidenschaft gezogen. Daher wurde seitens des Kulturparks Hengist in Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt beschlossen, ausgewählte Grabhügel einer Feststellungsgrabung zu unterziehen, um den Erhaltungszustand auch in Hinblick auf denkmalpflegerische Maßnahmen abzuklären. In diesem Zusammenhang wurde etwa schon 2018 der Grabhügel 5 archäologisch untersucht und u. a. die Reste einer steinernen Grabkammer aufgedeckt.

In den Monaten von Mai bis Juli 2020 fanden im hallstattzeitlichen Hügelgräberfeld von Kainach wiederum archäologische Grabungen statt. Der Untersuchungsbereich erstreckte sich dabei über eine sanfte, annähernd mittig zwischen dem Galgenkogel (Hügel Nr. 1) und dem noch etwa zwei Meter hohen Hügel Nr. 3 gelegene Erhebung. Bei der oben angeführten geophysikalischen Untersuchung waren zwar keine Strukturen festgestellt worden, die für eine Interpretation als Grabhügel sprachen, Kriterien wie Lage, Höhenprofil sowie ALS-Daten ließen aber durchaus darauf schließen.

Nach einem großflächigen maschinellen Abhub der oberen, rezenten Schichten konnten nur Hinweise auf einen etwaig ehemals vorhandenen hallstattzeitlichen Grabhügel freigelegt werden. Ortsfremdes Gestein wie Kalkstein und Limonit lag teilweise konzentriert in der Grabungsfläche, dazwischen wenige, teils rot-schwarz bemalte Keramik- und nicht näher bestimmbare Bronzefragmente. Es ist aber auch nicht gänzlich auszuschließen, dass es sich dabei um dislozierte Fundstücke aus dem Galgenkogel oder dem südlich gelegenen Grabhügel Nr. 3 handelt. Neben intensiven Pflugtätigkeiten wären diesbezüglich Erdmaterialverlagerungen im Zuge der teilweisen Zerstörung des Galgenkogels durch den Hausbau sowie allenfalls durch die daraus resultierenden Ausgrabungen Marianne Grubingers in den 1920/30er Jahren in Erwägung zu ziehen.

Jedenfalls ist festzuhalten, dass diese beiden Hügel im Unterschied zu Hügel 5 keinen Entnahme- bzw. Kreisgraben besaßen. Allerdings wurde östlich der Erhebung eine von West nach Ost abfallende natürliche Senke festgestellt, die im heutigen Relief nicht mehr zu erkennen ist. Neuzeitliche Funde in den obersten horizontal abgelagerten Schichten lassen darauf schließen, dass spätesten zu diesem Zeitpunkt an dieser Stelle eine ebene Ackerfläche existierte. In der ältesten Verfüllung finden sich allerdings Kalksteine, die teilweise von feinem Flusssand überlagert werden. Sehr wahrscheinlich nutzten die Menschen der Hallstattzeit die von der Mur gestaltete Landschaft indem sie die Hügelgräber auf solche durch Ausschwemmung geschaffene Erhebungen setzten. Die Kalksteine stammen vermutlich aus der Zeit als die Grabkammern errichtet wurden. In der Folge versandete die Senke zusehends und verschwand schließlich vollständig als die Hügelaufschüttungen eingeebnet wurden.

Für die Auswertung der zirka 700 Jahre belegten Kainacher Begräbnisstätte haben sich durch die archäologischen Sondierungen 2020 jedenfalls weitere Aspekte ergeben. Es konnte zum einen festgestellt werden, dass zwischen den Grabhügeln keine älteren oder zeitgleichen Gräber liegen, zum anderen, dass die Grabhügel, wie auch schon bei der archäologischen Erforschung von Hügel 5 zu konstatieren, ihrerseits auch keine älteren Gräber überlagern. Wir können daher davon ausgehen, dass die (linear angeordnete) Errichtung der hallstattzeitlichen Großgrabhügel bewusst am östlichen Ende der ausgedehnten Kainacher Begräbnissstätte erfolgte. Der ältere Nekropolenbereich war offensichtlich bekannt und wurde respektiert.

Zu erwähnen ist noch eine südlich des Galgenkogels freigelegte, reichlich mit organischem Material durchsetzte schwarze Schicht. In dieser waren streifenförmige, parallel zueinander verlaufende Strukturen zu erkennen. Dabei handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um römer- oder eher neuzeitliche Abdrücke von Wagenrädern.

 

 

Untersuchungen 2018
MNr.: 66413.18.01; Gst. Nr.: 304/2, 306, 308/1, 361; Durchführungszeitraum: 14.05.2018–29.08.2018

Im Rahmen des vom Kulturpark Hengist initiierten EU-LEADER-Projektes „ArchaeoWild“ (Projektträger Marktgemeinde Wildon) wurde im hallstattzeitlichen Hügelgräberfeld Kainach bei Wildon ein Grabhügel (Hügel 5) sowie dessen nähere Umgebung freigelegt und dokumentiert. Südlich des bekannten Großgrabhügels „Galgenkogel“ führte die ZAMG 2016 und 2017 eine archäologisch-geophysikalische Prospektion durch im Zuge derer die Überreste von 12 weiteren potentiellen Grabhügeln entdeckt wurden. Aufgrund ihrer Lage in einem seit langem intensiv landwirtschaftlich genutztem Gebiet sind diese stark in Mitleidenschaft gezogen. Daher wurde seitens des Kulturparks in Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt beschlossen, ausgewählte Grabhügel einer Feststellungsgrabung zu unterziehen, um den Erhaltungszustand auch in Hinblick auf denkmalpflegerische Maßnahmen abzuklären. Am besten dafür geeignet erschien der im Gelände mit freien Augen gerade noch erkennbare Hügel 5, bei dem sich im Prospektionsergebnis eine steinerne Grabkammer deutlich abzeichnete. Bereits im Vorfeld des Projektes begann 2017 die Untersuchung an einer als Kreisgraben interpretierten Struktur (Grabhügel 6). Dabei wurden zwei Keramikdeponierungen freigelegt, deren Zeitstellung aufgrund des Erhaltungszustandes erst nach deren Restaurierung feststellbar sein wird. Eine bei den geophysikalischen Messungen auf dem Grundstück 361 zum Vorschein gekommene Struktur wurde ebenfalls abgeklärt. Dabei stellte sich heraus, dass es sich nicht wie angenommen um eine archäologisch relevante Siedlungs- oder Grabgrube handelte, sondern um einplanierten neuzeitlichen Abfall.

 

Hügel 5 (Grab 231)
Sowohl die steinerne Grabkammer (Objekt 435, SE 1057) mit einer Seitenlänge von 6,30 x 5,80 m und der dazugehörige Entnahmegraben (Objekt 439) konnten nachgewiesen werden. Besonders der im Nordosten an die Grabkammer ansetzende Dromos (SE 1058) und die nördliche Steinlage waren durch die landwirtschaftliche Nutzung stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Von der einst sicherlich begehbaren/mannshohen Steinkammer waren nur noch wenige Steinlagen mit einer Höhe von 0,40 m vorhanden. Der Dromos wies eine Länge von gut 3,00 m auf, wobei die Beurteilung schwerfällt, ob es sich dabei um die Originalmaße handelt. Der Boden im Inneren der Grabkammer bestand aus einer Lage sorgfältig gelegter Flussgeschiebe (SE 1064) der Mur, darunter befanden sich auch wenige kleinere Kalkbruchsteine und ein Limonit.

Im Süden waren die Steine herausgerissen worden; auch hier ist die Ursache dafür vermutlich im Ackerbau zu suchen, wenn auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass hier Spuren einer Beraubung vorliegen. An der Ost- und Westseite konnten größere Kalkbruchsteine als Auflager für Pfosten dokumentiert werden, die die Abdeckung der Grabkammer stützten. Die Innenmaße der vermutlich mit Holz ausgezimmerten eigentlichen Grabkammer betrugen 4,70 x 4,20 m. Der inzwischen zusedimentierte Kreisgraben wies eine Breite von 6,50 und eine Tiefe von 0,60 m auf. Zwei Anhäufungen (Objekt 436, SE 1056; Objekt 437, SE 1062) aus Flussgeschiebe und Kalkbruchsteinen entlang der südlichen Innenseite des Grabens dürfen wohl als die Reste einer Krepis interpretiert werden. Der Graben war vermutlich schon in der Römerzeit kaum mehr als solcher zu erkennen, die oberste Verfüllschicht (SE 1071) enthielt größtenteils römerzeitliches und kein jüngeres Fundmaterial. Vor der Errichtung des Grabmals musste das Gelände entsprechend vorbereitet werden: Auf die vorhandene Humusdecke (SE 1084) wurde Erdmaterial (SE 1065), das aus der unmittelbaren Umgebung stammte, aufgetragen und einplaniert; erst danach begann man mit dem Bau der Kammer. Die Keramikfragmente aus diesem sekundär abgelagerten Sediment datieren nach einer ersten flüchtigen Durchsicht wahrscheinlich in die Bronzezeit.

 

Structure from motion (Hügel 5)

 

Funde
Der Erhaltungszustand der über die gesamte Grabkammer verteilten Keramikbeigaben war erwartungsgemäß schlecht, doch schon vor deren Restaurierung lassen sich darunter einige hochqualitative Stücke erkennen. Zu nennen sind u. a. Wandfragmente eines Gefäßes, das möglicherweise einst mit einer Zinnfolienauflage versehen war. Von den übrigen Beigaben sind ein kleiner bronzener Riemendurchzug mit rundem, scheibenförmigem Kopf und kleinem Buckel eines Pferdezaumzeuges und mehrere Glasperlen (einerseits opak-gelbe, „birnenförmige“ Perlen, andererseits schwach transluzid-grünliche Perlen mit Eisenösenstiften) einer Halskette hervorzuheben. Vor erfolgter Restaurierung nur schwer ansprechbar sind einige verbrannte Eisenblechfragmente mit kleinen Nieten bzw. mit Nietresten (Wagenkastenbeschläge?). Während in der Grabkammer selbst nur eine geringe Menge an kalzinierten Knochenfragmenten aufgefunden wurde, vermittelte der Dromos ein ganz anderes Bild. Die noch ausstehende anthropologische Untersuchung wird zeigen, ob es sich dabei um menschliche Überreste und/oder um Speiseopfer handelt. Leider blieben nur sehr wenige Funde erhalten, anhand derer man aber jedenfalls auf ein ursprünglich ausgesprochen reich ausgestattetes Grab (zumindest) eines Mannes und einer Frau rückschließen kann.

Analog zu dem nördlich gelegenen Galgenkogel erlauben die Beigaben vorerst auch für den Hügel 5 eine zeitliche Einordnung in (mindestens) die Stufe Ha C2. Eine Einplanierung des Hügels erfolgte vermutlich irgendwann in der Neuzeit als dieser der landwirtschaftlichen Nutzung im Weg stand. Der Kreisgraben war zu diesem Zeitpunkt mit Sicherheit bereits zusedimentiert, das römerzeitliche Fundmaterial stammte möglicherweise aus Nachbestattungen wie man sie auch von dem schon erwähnten Galgenkogel kennt.

 

Grabhügel 6
An dieser Stelle konnten die Ergebnisse der geophysikalischen Untersuchungen nach dem großflächig erfolgten Oberbodenabtrag nicht verifiziert werden. Zwar wurde eine Struktur freigelegt, bei der es sich um den Abschnitt eines Kreisgrabens (Objekt 442) handeln könnte, doch konnte die Archäologie keine Hinweise auf eine Grabkammer feststellen. Natürlich ist nicht auszuschließen, dass diese zur Gänze abgetragen und zerstört wurde. Zudem wurde eine wohl eher neuzeitliche Parzellengrenze (Objekt 433) im Georadar irrtümlich als Teil eines Entnahmegrabens interpretiert.

 

 

Seite geändert am: 30.01.2023