ID: LBST-66409-03 (Leibnitz.66409.3, FKat. 690-194/1); Bezirk: Leibnitz; Gemeinde: Stocking; KG: Hart; Gst. Nr.: 236; 240 (mögliche Fortsetzung des Gräberfeldes); Flur: Hart bei Wildon; Fundverbleib: tlw. Joanneum, tlw. unbekannt, UMJ-Inv.Nr. 18070–18075 und 3 x ohne InvNummer; Zustand/Status: 1962 war der Betreiber der Kiesgrube Karl Pock, Stocking 35, auf gräflich Woroschitzkyschen Gründen/Schloss Finkenegg; größtenteils zerstört.
https://hengist-archaeologie.at/archaeologie/fundorte/37-stocking/295-hart-la-tene-zeitliches-brandflachgraeberfeld#sigProIdb1a6222d77
Zeitstellung: La-Tène-Zeit (LT C, 2. Jh. v. Chr.)
Befund: Brandflachgräberfeld
Forschungsgeschichte:
1962 August: Entdeckung und Zerstörung eines Großteils des Gräberfeldes.
1962 November: Meldung bzw. Fundbericht an das Joanneum durch Eduard Staudinger (Brief vom 16.11.1962) nach einer Information von VSchDir Hans Hanfstingl, St. Georgen an der Stiefing. Es konnte keine ordnungsgemäße archäologische Grabung durch das Joanneum erfolgen.
1987: Fundstellenerhebung durch den Archäologen Dr. Gerald Fuchs.
2014: Fundstellenerhebung im Rahmen des Projektes InterArch-Steiermark, KPH.
Lage:
Die Fundstelle liegt auf der Ebene bzw. dem Talboden des Stiefingtales ungefähr 5 bis 30 m nördlich der L627/Harterstraße. Etwas weiter im Westen wird das Gebiet durch die L215/Zipreinerstraße begrenzt.
Die Parzelle 236, auf der die Gräber entdeckt wurden, liegt im Bereich der Abbaufläche einer Kiesgrube. Auf der Parzelle 240, auf der der weitere Verlauf des Gräberfeldes zu vermuten ist, herrscht derzeit Ackerland vor.
Beschreibung:
Im August 1962 wurde beim Schotterabbau auf dem Grundstück mit der Nummer 236, in der Kiesgrube des Karl Pock, ein La-Tène-zeitliches Brandflachgräberfeld entdeckt. Die Fundmeldung an das Joanneum erfolgte auf Umwegen erst im November 1962. Damals sind an die 30 Gräber im südlichen Bereich des Grundstücks (Parz. 236), ungefähr 5 bis 30 m nördlich der Landesstraße L627, zerstört worden. Die Fundgegenstände wurden ohne Grabzusammenhänge geborgen, lediglich 2 Grabinventare konnten Gräbern zugewiesen werden. Eine ordnungsgemäße archäologische Grabung durch das Joanneum konnte nicht erfolgen. Eduard Staudinger, der damals durch Information von Hans Hanfstingl den Fund dem Joanneum meldete, hält eine Fortsetzung des Gräberfeldes nach Westen (Parz. 240) hin für möglich. Eduard Staudinger und Walter Modrijan haben die Fundstelle besichtigt und das noch greifbare Fundmaterial ins Joanneum bringen lassen.
Bereits 1870 wurde in Hart bei St. Georgen eine eiserne Lanzenspitze gefunden. Margret Kramer weist die Lanzenspitze dieser Fundstelle zu.
Zwischen der Auffindung des La-Tène-zeitlichen Brandflachgräberfeldes im August 1962 und der Fundmeldung von Eduard Staudinger an das Joanneum, der Brief datiert vom 16. November 1962, wurde der Großteil der Gräber bereits zerstört. Staudinger, der im November 1962 nach Information von Hans Hanfstingl von der Fundstelle erfuhr, konnte damals „im gewachsenen Schotter braune Mulden" entdecken. Anzumerken bleibt, dass der Brief von Eduard Staudinger am Joanneum nicht mehr erhalten zu sein scheint. In dem Artikel des Archäologen Walter Modrijan (1962, 59) ist ein Abdruck des Briefes zu finden. Daraus ist zu entnehmen, dass in den seichten Gruben nur „Geschirrsplitter" zu finden waren und in manchen Gruben, die ungefähr 1,00–1,50 m tief waren, die Gefäße besser erhalten waren. Das Fundmaterial konnte zumindest 2 Gräbern zugewiesen werden. Aus Grab 1 stammen 2 Töpfe und ein 1 Schalenfragment, deren Reste die Nichte des Schotterunternehmers geborgen und geklebt hat. Aus Grab 2 stammen Leichenbrand eines vermutlich männlichen Erwachsenen, ein Schwert, ein Bandschildbuckel und eine Lanzenspitze. Ebenfalls von diesem Gräberfeld, aber nicht den beiden Gräbern zuordenbar, sind 1 Topf, 1 Bronzerädchen und 1 Lanzenspitze.
Es ist auch nicht auszuschließen, dass auf der östlich liegenden Parzelle 235/2 bereits Gräber zerstört wurden, nach Vernehmen aus dem Brief von Staudinger.
Funde:
UMJ-Inv.Nr. 18070: Grab 2; eisernes Griffangelschwert mit Parierbügel und Scheidenresten (gerades eisernes Schwert mit Scheide); L. mit Scheide 90,6 cm; GriffangelL. 14,0 cm; max. ParierB. 4,50 cm; max. KlingenB. 4,10 cm; KlingenSt. 0,4 cm; Gew. 932,8; Geschenk 1962 von Herrn Ing. Röhrer; mittlere Latènezeit (Lt C1) 250–180 v. Chr.; siehe M. Kramer 1994, Taf. 38; Modrijan, SchvSt 10, 60 ff., Abb. 4, 5/1 a–e; Karl/Modl/Porod 2009: 91 Nr. 494.
UMJ-Inv.Nr. 18071: Grab 2; eiserner Schildbuckel; L. 0,385 m; (UMJ-B. 14,80 cm; Gew. 475 g; Geschenk 1962); siehe M. Kramer 1994, Taf. 40,1; Modrijan, SchvSt 10, 60 ff., Abb. 5/2, 6.
UMJ-Inv.Nr. 18072: vermutlich Grab 2: Topf aus hellbraunem Ton; außen sind die Reste einer Graphittierung zu sehen, Drehscheibe; H. 23,70 cm; (UMJ-Dm. 9,10 cm; Geschenk 1962); siehe M. Kramer 1994, Taf. 39,4; Modrijan, SchvSt 10, 57 ff., Abb. 1/4 und 2 unten rechts.
UMJ-Inv.Nr. 18073: Grab 1; Topf aus grauem Ton, Drehscheibe, (nur Nachbildung im UMJ); H. 21,00 cm; (UMJ-Dm. 11,90 cm; Geschenk 1962); siehe M. Kramer 1994, Taf. 39,3; Modrijan, SchvSt 10, 57 ff., Abb. 1/2 und 2 links unten.
UMJ-Inv.Nr. 18074: kleines Bronzerad mit fünf Speichen; Dm. 5,50 cm; (UMJ-Gew. 29 g; Geschenk 1962); siehe M. Kramer 1994, Taf. 39,2; Modrijan, SchvSt 10, 59 ff., Abb. 3. Vermutlich von einem Wagen.
UMJ-Inv.Nr. 18075: eiserne Lanzenspitze; L. 22,9 cm; BlattL. 18 cm; BlattB. 5,60 cm; TüllenDm. 1,60–1,70 cm; Gew. 110,1; Übernahme 1962 von Frau Röhrer; frühe–mittlere Latènezeit (Lt B/C) 390–110 v. Chr. (?); siehe M. Kramer 1994, Taf. 39,1; Karl/Modl/Porod 2009: 85 Nr. 457.
UMJ-Inv.Nr. ohne: Grab 1; Topf aus hellbraunem Ton, Drehscheibe; H. 0,44 m; siehe M. Kramer 1994, Taf. 40,2; Modrijan, SchvSt 10, 57 ff., Abb. 1/1 und 2 oben.
UMJ-Inv.Nr. ohne: Grab 1; Randstück einer Schale aus grauem Ton, Drehscheibe; siehe M. Kramer 1994, Taf. 40,3; Modrijan, SchvSt 10, 57 ff., Abb. 1/3.
UMJ-Inv.Nr. ohne: Grab 2; Leichenbrandreste eines Erwachsenen, eher männlich.
UMJ-Inv.Nr. ohne: Grab 2; eiserne Lanzenspitze, asymmetrisch; L. 0,257 m;
M. Kramer: vielleicht vom selben Fundplatz stammt ein Altfund mit der Angabe „Hart bei St. Georgen".
Siehe M. Kramer 1994, Taf. 37,6; Modrijan, SchvSt 10, 61 ff., Abb. 6.
Anmerkung zu den Lanzenspitzen: Modrijan erwähnt nur eine Lanzenspitze. Die bei M. Kramer dem Grab 2 (UMJ-Inv.Nr. 18075) zugeordnete Lanzenspitze entspricht aber nicht den Abbildungen bei Modrijan, hingegen entspricht die bei Kramer ohne Inventarnummer abgedruckte Lanzenspitze der Abbildung bei Modrijan. Die Maße differieren zwischen Modrijan und Kramer, vermutlich wegen der Verwechslung.
Bibliographie:
BDA-Karteikarte
DB 1987: UMJ-ARCH, Datenblätter BH Leibnitz S–Z, Stocking (G. Fuchs 1987, Pachler 14.06.1989).
JJ 1872: JJ 60, 1871, Graz 1872, 27 (Altfund: 1 Lanzenspitze).
Karl/Modl/Porod 2009: S. Karl/D. Modl/B. Porod (Hrsg.), Katalog Archäologiemuseum Schloss Eggenberg, Schild von Steier 22/2009, 85 Nr. 457, 91 Nr. 494.
Kramer 1981: D. Kramer, Vom Neolithikum bis zur römischen Kaiserzeit, Untersuchungen zur ältesten Besiedlungsgeschichte der Steiermark, mit besonderer Berücksichtigung der mittelsteirischen Höhensiedlungen, 3 Bde., Salzburg 1981, [maschinschriftliche phil. Dissertation], 219 s. v. Stocking 320.2.
Kramer 1985: D. Kramer, Die Vor- und Frühgeschichte des Wildoner Raumes. Beiträge zur Geschichte des Wildoner Schloßbergs 1, Wildon 1985, 4–9 (7).
Kramer 1986a: D. Kramer, aus der Ur- und Frühgeschichte der Steiermark, in: G. Pferschy-Peter Krenn (Hrsg.), Die Steiermark-Brücke und Bollwerk, Katalog zur Landesausstellung in Schloß Herberstein bei Stubenberg, 3. Mai bis 26. Oktober 1986, Veröffentlichungen des Steiermärkischen Landesarchivs 16, 1986, 19–35.
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UMJ-ARCH, Ortsakt BH Leibnitz Spielfeld–Sulztal, Nr. 48, Stocking-Hart.
UMJ-ARCH, Ortsakt BH Leibnitz Spielfeld–Sulztal, Nr. 48, Stocking-Stocking-Hügelgräber.