ID: GUME-63254-15 (Graz-Umgebung.63254.15); Bezirk: Graz-Umgebung; Gemeinde: Mellach; KG: Mellach; Gst. Nr.: 1615; BDA-ObjektID: 36404 Bescheid.
https://hengist-archaeologie.at/archaeologie/fundorte/35-mellach/287-mellach-schloss-weissenegg#sigProIdf41ea34428
Zeitstellung: Mittelalter, Neuzeit
Befund: Schloss, Vorturm, Brücke, Ziegelbau, Grube
Forschungsgeschichte:
Das Schloss steht unter Denkmalschutz.
1987?: Archäologische Grabung.
1991: Bauarbeiten und archäologische bzw. archäozoologische Untersuchung im Auftrag des Bundesdenkmalamtes, Landeskonservatorat für Steiermark.
1999: Archäologische Grabung durch den Archäologen Mag. Hannes Heymans im Auftrag des Bundesdenkmalamtes, Landeskonservatorat für Steiermark.
2014: Fundstellenerhebung im Rahmen des Projektes InterArch-Steiermark, KPH.
Lage:
Schloss Weissenegg liegt am südwestlichen Ende eines schmalen, lang gestreckten Rückens, der zur Mur hin besonders steil abfällt. Ungefähr 10 km südlich von Graz am Südrand des Grazer Feldes, östlich der Mur, thront das Schloss direkt über dem heutigen Kraftwerk von Mellach.
Schloss Weissenegg:
Erstmals urkundlich erwähnt wird Weissenegg, im Ortsteil Dillach, im Jahre 1284. 1363 erwarben die Grafen von Cilli die „Türnlein" genannte Wehranlage als landesfürstliches Lehen, das durch den Verfall der Feste Murberg an Bedeutung gewonnen haben dürfte, und nach deren Aussterben 1460 (1456) fiel das „Haus zu dem Turn" an den Landesfürsten zurück.
Wenig später (1505) wurde die „Veste und Geslössl Türnlein" an Jörgen Weißenecker verkauft.
Der Ausbau zu einem größeren, schlossartigen Wehrbau mit Pallas, Wehrmauer, Torbau, Graben usw. war zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen. Heute befindet sich das Schloss in Privatbesitz.
Das Schloss ist im Mauerkern mittelalterlich und der älteste Bau dürft nur aus einem mit Halsgraben und Mauer gesicherten Turm bestanden haben, der als befestigter Vorposten der Hauptfeste Murberg anzunehmen ist. Später entstand ein zweiter viereckiger Turm der bis zum Ende des 17. Jh. noch erhalten war. Zu dieser Zeit waren dem Schloss Bastionen vorgelagert, die zum Teil noch als Stützmauern erhalten sind. Der östliche Turm wurde vermutlich 1532 von den Türken zerstört.
Der einzige Zugang zum Schloss führte von Norden her, über einen schmalen Rücken, der durch einen Halsgraben gesichert war. Die einstige Zugbrücke, die den Graben überspannte, wurde später durch eine normale Brücke ersetzt. Bei einer archäologischen Grabung im Jahre 1999 konnte etwa 20 m nördlich des Schlosses ein vor dem ehemaligen Halsgraben gelegener (Vor)Turm ergraben werden, dessen Erbauung vermutlich in die Zeit der Grafen von Cilli (Lehensbesitz von 1363 bis 1456) fällt.
Bei Bauarbeiten 1991 fand man in einem Raum im Westteil der Burg eine spätmittelalterliche Abfallgrube.
Unter den Weisseneggern erhielt das Schloss weitgehend die heutige Gestalt. Der zweigeschoßige, von 2 Türmen überragte und in etwa 40 Räume unterteilte Baukomplex gruppiert sich um einen viereckigen Innenhof mit allseitigen Säulenarkaden und ist im Grundriss dem Gelände angepasst.
GUME-63254-15/1=63254.1987.4:
Die archäologische Grabung fand 1987? wegen dringender Drainagierungs- und Trockenlegungsarbeiten im Innenhof des Schlosses statt und dabei wurden einige Mauerzüge freigelegt. Eine mächtige Nord–Süd verlaufende Bruchsteinmauer, von der in der nordöstlichen Ecke des Hofes eine im Bund mitgemauerte Mauer nach Osten abstößt. Dieser Mauerzug scheint mit noch stehenden Bauteilen im Westtrakt einen unregelmäßigen sechseckigen Hof zu ergeben. Im Nordosten könnte als Pendant zum mittelalterlichen, noch stehenden Burgfried ebenfalls ein kräftiger Eckturm bestanden haben. An der Ostseite des Hofes ist ein weiterer Mauerzug vom Arkadengang überbaut und an der Westseite fanden sich kleinere Fundamente. Westlich der Nord–Süd verlaufenden Mauer wurde eine noch wasserführende Zisterne gefunden. Bei Aushubarbeiten vor der Eingangsfassade konnten die Mauern der Bastionen des 17. Jh. (?) freigelegt werden. Die gesamten Grabungsbefunde gehören der Neuzeit an, wie auch das Fundmaterial aus dem davorliegenden, verfüllten Graben, das bis um ca. 1800 datiert.
GUME-63254-15/2=63254.1991.1:
Im Jahre 1991 fanden im Westteil der Burg Weissenegg Bauarbeiten statt. Beim Abtragen des Bodens in einem Raum der Burganlage des 15. Jahrhunderts stieß man auf Tierreste. Ungefähr 2,00 m unter dem heutigen Bodenniveau befand sich ein spätmittelalterlicher (?) Ziegelboden mit quadratischen Platten. Dabei wurde in der Südecke des Raumes eine nischenartige Vertiefung freigelegt, die mit Erde und zerschlagenen Tierknochen verfüllt war. Aufgrund der merkwürdigen Fundsituation ist die genaue Funktion dieser Vertiefung nach wie vor ungeklärt. Vermutlich handelt es sich um eine Grube die mit spätmittelalterlichem Küchenabfall (des ausgehenden Mittelalters) verfüllt war. Die archäozoologische Untersuchung an den verschiedenen Knochenresten erbrachte, dass die Knochen von mindestens 6 verschiedenen Tierarten (Rind, Schaf, Schwein, Huhn, Gans, Hausratte) stammen, die teilweise Hack- und Schnittspuren aufwiesen.
GUME-63254-15/3=63254.1999.1:
Im Zuge der Adaption der früheren Gasversorgungsanlage für das Schloss Weissenegg wurden nach dem Entfernen des Fußbodens Fundamente sichtbar. Dieser Ziegelbau mit Bruchsteinfundamenten wurde erst im späten 19. Jh. errichtet und liegt ca. 20 m nördlich des Schlosses vor dem ehemaligen Halsgraben. Das Bauwerk beherbergt im nordöstlichen Bereich die älteren Turmfundamente und an dessen Ostseite folgt es der Aussenflucht der Brücke. Die archäologische Grabung führte Mag. Hannes Heymans 1999 (?) durch und erbrachte folgenden Befund.
Die sichtbaren – südlichen und westlichen – Turmfundamente (B. 1,10 m; sichtbare L. je 3,90 m) bestehen aus Bruchsteinen des lokalen Gesteins, Geröllen und Mörtel und das südliche Fundament weist eine spätere Ausbesserung aus Ziegel auf. Von der Brücke sind noch zwei Bögen in der Ostwand des jüngeren Baus zu erkennen. Die Fundamente sind bis zum Gewölbeansatz aus Bruchsteinen und das Gewölbe selbst ist aus Ziegeln gefertigt. Aufgrund der vorliegenden Befunde geht hervor, dass der Vorturm früher als die Brücke entstand, die vermutlich erst im 16. Jh. als Ersatz einer früheren Zugbrücke errichtet wurde. Die Entstehungszeit des Vorturmes fällt wohl in die Herrschaft der Grafen von Cilli (Lehensbesitz von 1363 bis 1456). Auf einem Stich aus dem Jahre 1681 von Vischer ist an dieser Stelle ein Vorturm sichtbar, von dem aus eine Brücke über den Halsgraben führte.
Die Zerstörung des Vorturmes könnte mit dem Türkeneinfall im 17. Jh. zusammenhängen.
Bibliographie:
Baravalle 1961: R. Baravalle, Burgen und Schlösser der Steiermark, Graz 1961, 362–363 s.v. Weisseneck.
BDA 1999: Aktenvermerk des Bundesdenkmalamtes, Landeskonservatorat für Steiermark,1999 (Zl. 250/3/1999).
Burgen 2014:
Clam Martinic 1996: Georg Clam Martinic, Burgen und Schlösser in Österreich, Wien 1996, 379 s. v. Weissenegg.
Czeika, Fladerer 1996: S. Czeika und F. Fladerer, Spätmittelalterliche Tierreste von der Burg Weissenegg bei Mellach, Steiermark, FÖ34, 1995, Wien 1996, 225–228.
Dehio 2013: Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs. Steiermark (ohne Graz). Bearbeitet von Kurt Woisetschläger, Peter Krenn mit Beiträgen von Géza Hajós, Wolfram Helke, Horst R. Huber, Viktor H. Pöttler, Amélie Sztatecsny, Wien 2013, 605–606 s. v. Weissenegg.
Ebner 1967: H. Ebner, Burgen und Schlösser in der Steiermark, Graz, Leibnitz, Weststeiermark, Wien 1981, 186 s. v. Weissenegg.
Hebert 1988: B. Hebert, Zur Bodendenkmalpflege in der Steiermark 1987, Mitteilungen der Archäologischen Gesellschaft Graz 2, 1988, 96, 131 Abb. 7.1.
Heymans 1999: H. Heymans, Aktenvermerk, Schloss Weissenegg, KG und OG Mellach,1999.
Heymans 2000: H. Heymans, KG Mellach, OG Mellach, VB Graz-Umgebung, FÖ 38, 1999, Wien 2000, 909 ff.
Janisch 1885: J. A. Janisch Hrsg., Topographisch - statistisches Lexikon von Steiermark mit historischen Notizen und Anmerkungen (3 Bde.), Graz 1878–1885, 1275–1276 s. v. Weissenegg.
Mirsch 2005: I. Mirsch, Die Geschichte der Gemeinde Fernitz, 2005, 91, 104 ff.
Popelka 1924: F. Popelka, Die Landesaufnahme Innerösterreichs von Johannes Clobucciarich 1601–1605, 1924, Taf. XV Abb. 50.
Purkarthofer 1984: H.J. Purkarthofer, Mellach Geschichtsbilder, 1984, 33 ff.
Steweag 1987: Steweag Kontakt 1/87, Seite 5.
UMJ-ARCH, Ortsakt BH Graz-Umgebung L–P, Nr. 15, Mellach-Dillach.
UMJ-ARCH, Ortsakt BH Graz-Umgebung L–P, Nr. 15, Mellach-Mellach.
Weiterführende Literatur zum Schloss Weissenegg:
Peter Krenn, Die Oststeiermark, 1997.
Kramer-Drauberg/Heribert Szakmáry, Schlösser, Burgen und Ruinen der Steiermark Bd. 1, 2007.
Gerhard Stenzel, Von Schloß zu Schloß in Österreich, 1976.
Laurin Luchner, Schlösser in Österreich II, 1983.
Pia Maria Plechl, Traumstraßen durch Österreich, 1971.