ID: LBWD-66430-08 (Leibnitz.66430.7); Bezirk: Leibnitz; Gemeinde: Weitendorf; KG: Weitendorf; Gst. Nr.: [Denkmalschutz: 3343/1; 3343/2; 3344/1; 3344/2; 3345; 3346/1; 3346/2; 3346/3; 3347; 3348; 3356/1; 3356/2]; 3331/1; 3331/2; 3332; 3333; 3334/1; 3334/2; 3334/3; 3335; 3342/1; 3342/2; 3349; 3350; 3355/1; 3355/2; Flur: Bernerbauer; Lichendorf; Fundverbleib-2007/08: Depot KPH (WDWD-1209-Kupferaxt); BDA-ObjektID: 79766, Bescheid; Zustand/Status: teilweise ergraben.
Zeitstellung: prähistorisch; neolithisch; Kupferzeit; mittlere Bronzezeit bis Urnenfelderzeit; Frühmittelalter; vereinzelt Römerzeit und Spätmittelalter/Neuzeit.
Befund: Siedlung.
Forschungsgeschichte:
2003 November/Dezember: Begehung und Fundaufsammlung durch die Firma ARGIS.
2005 März 14: Unterschutzstellung.
2005 April 03: Luftbildaufnahme durch die Firma ARGIS.
2007 September 11–November 06: archäologische Grabung durch die Firma ARGIS (Baulos 2; Unterführung Kombergstraße; provisorische Straßenumlegung).
2008 Mai 19–Juli 19: archäologische Grabung durch die Firma ARGIS (Baulos 1; Trasse der Koralmbahn von der Kainachbrücke bis zur Kombergstraße).
2014: Fundstellenerhebung im Rahmen des Projektes InterArch-Steiermark, KPH.
Lage:
Am Südrand des Kainachtals erstreckt sich östlich des Gehöfts „Bernerbauer" und westlich der Ortschaft Lichendorf nahe dem rechten Flussufer über dem Uferfang eine fast ebene Terrasse, bevor das Gelände zu dem Kainach- und Laßnitztal trennenden Hügelzug ansteigt. Die Grabungen erstreckten sich am Trassenbereich der Koralmbahn auf dem Gelände zwischen der Kainach im Norden und dem Fotzenbach neben der Kombergstraße im Süden, Seehöhe ca. 305 m. Auf der Fläche wurden Siedlungsspuren verschiedener Zeitstellungen entdeckt, darunter ein kupferzeitliches Grubenhaus, MBZ-UK Siedlungsbefunde (einzelne Hausgrundrisse, verstreute Pfostengruben, einige Gruben und kleine Gräben), Spuren römerzeitlicher Siedlungsbefunde, frühmittelalterliche Grubenhäuser.
LBWD-66430-08/1=66430.2003.1:
Im November und Anfang Dezember 2003 wurde die Trasse der Koralmbahn systematisch untersucht.
Auf mehreren Grundstücken konnten an der Ackeroberfläche prähistorische und römerzeitliche Keramikbruchstücke und Steinartefakte (späte Jungsteinzeit) aus Quarz und Amphibolit aufgelesen werden. Die Funde weisen auf eine gut abgrenzbare ausgedehnte urgeschichtliche Siedlung hin.
Ein Schurf auf der Parzelle 3347 brachte Fundschichten in über 0,50 m Tiefe zu Tage.
LBWD-66430-08/2=66430.2005.1:
Die Luftbildaufnahmen zeigten Vorbelastungen durch den Ackerbau seit dem Spätmittelalter in Form von Nord–Süd verlaufenden Streifen von Wölbäckern und Spuren rezenter Planierungen im Westen. Ein schlechter Erhaltungszustand der Befunde war zu erwarten.
LBWD-66430-08/3=66430.2007.2:
Von 11. September bis 06. November 2007 fand eine archäologische Grabung durch die Firma ARGIS statt, bei der Gebiete im Bereich der Unterführung und der provisorischen Umlegung der Kombergstraße (Baulos 2) untersucht wurden. Es konnten 131 Befundobjekte mit überwiegend schlechtem Erhaltungszustand untersucht werden. Am südlichen Terrassenrand waren die Objekte wegen der Überlagerung von 0,60 bis 1,20 m mächtigen Schwemmschichten besser erhalten.
Im Zuge dieser Grabung wurden hauptsächlich prähistorische (mittlere Bronzezeit bis Urnenfelderzeit) und frühmittelalterliche Befunde in Form von Pfostengruben, Gruben und Gräben freigelegt. Vereinzelt traten auch römerzeitliche und spätmittelalterliche Pfostengruben und Gruben auf. Hervorzuheben sind auf der Fläche das mittelbronzezeitliche Haus 5 und das Objekt 9, ein kupferzeitliches Gebäude.
Aus der 0,15 m dicken kupferzeitlichen Siedlungsschicht (SE 23; Obj. 9; Parz. 3355= alt; eingetieftes Gebäude) mit darunterliegenden Gruben, Gräbchen und Pfostenlöchern stammen eine Vielzahl an Keramikfragmenten diverser Gefäßtypen, vier Tonlöffel, Steinartefakte, organische Reste (Holzkohle und Tierknochen) und eine Kupferaxt.
Die frühmittelalterlichen Befunde wurden anhand der Funde einem wirtschaftlichen bzw. handwerklichen Tätigkeitsbereich der Siedlung der zweiten Hälfte des 8. Jh., sicherlich aber des 9. Jh. zugewiesen. Neben den zahlreichen Keramikfragmenten, Spinnwirteln aus Ton, Stein und Blei, einem Griffangelmesser wurden weiters zwei violette Glasperlen aufgefunden.
Funde: Kupferaxt; FNr. Wd 658; L. 11,80 cm; B. 3,8 cm; HSchneide 3,75 cm; HNacken 2,30 cm; Gew. 411 g; Verbleib: Depot KPH.
LBWD-66430-08/4=66430.2008.1:
Von 19. Mai bis 19. Juli 2008 fand eine archäologische Grabung durch die Firma ARGIS statt, bei der Gebiete im Bereich der Trasse der Koralmbahn von der Kainachbrücke bis zur Kombergstraße (Baulos 1) untersucht wurden. Es konnten 111 Befundobjekte mit überwiegend schlechtem Erhaltungszustand, bedingt durch die landwirtschaftliche Nutzung seit dem Spätmittelalter, untersucht werden.
Die Befunde sind hauptsächlich der Prähistorie (mittlere Bronzezeit bis Urnenfelderzeit) zuzuweisen.
Neben zahlreichen Gruben, Pfostengruben und Gräben sind die Grundrisse von 4 Gebäuden nachweisbar. Haus 1 war ein WSW–ENE orientierter 8-Pfosten Ständerbau von erh. 3,20 x 6,60 m. Haus 2 (erh. 3,00 x 5,30 m), mit vermutlich 8 Pfosten, war ein SSW–NNE orientierter Bau mit einem im Süden vorgelagerten Entwässerungsgraben. Das SW–NE orientierte Haus 3 war ca. 3,30 x 4,60 m groß. Das 10-pfostige Haus 4 (SSW–NNE orientiert; erh. 3,00 x 6,20 m) wies im Süden einen vierpfostigen Vorbau und im Norden einen dreieckigen Abschluss auf. Zwischen den Gebäuden 2–4 befanden sich mehrere Pfostengruben, die aber keine verlässlichen Grundrisse ergaben.
Bibliographie:
BDA 2005: Bescheid des Bundesdenkmalamtes, Landeskonservatorat für Steiermark, vom 14.03.2005 (GZ: 44.668/3/2005); Unterschutzstellung.
Fuchs 1998: Gerald Fuchs, Gerhard Harer, Irmengard Kainz und Klaus-Michael Schneider, Ein Modellfall für die Zusammenarbeit zwischen Planung und archäologischer Denkmalpflege am Beispiel der Koralmbahn Graz–Klagenfurt im Abschnitt Werndorf–Deutschlandsberg, FÖ 36, 1997, Wien 1998, 269–280.
Fuchs 2004: G. Fuchs, Koralmbahn Graz–Klagenfurt, Einreichprojekt 2004, Archäologische Bearbeitung, 42 f.
Fuchs 2011a: G. Fuchs (Hrsg.), Archäologie Koralmbahn 1: Weitendorf. Siedlungsfunde aus Kupferzeit, Bronzezeit und Frühmittelalter. Mit Beiträgen von M. Brandl, G. Fuchs, C. Gutjahr, H. Heymans, A.-K. Klatz und J Wilding. Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie, Band 198, Bonn 2011, Seite 1–338.
Fuchs 2011b: G. Fuchs, Mittel- bis spätbronzezeitliche Siedlungen auf der Trasse der Koralmbahn, Weststeiermark (Österreich). Ein Arbeitsbericht, in: Christoph Gutjahr/Georg Tiefengraber (Hrsg.), Beiträge zur Mittel- und Spätbronzezeit sowie zur Urnenfelderzeit am Rande der Südostalpen, Hengist-Studien 2, 2011, 119–140.
Herbert/Mirsch 2009: B. Hebert/I. Mirsch, Tätigkeitsbericht 2008 der Bodendenkmalpflege, ZHVSt 100, Sonderdruck, 2009, 551–605.
UMJ-ARCH, Ortsakt BH Leibnitz V–Wolfsberg, Nr. 50, Weitendorf-Anfang.